Experimente mit Hochenergie-Röntgenquellen – pnCCDs gekoppelt an säulenförmige Szintillatorkristalle
Mit geeigneter Röntgenstrahlung kann man tief in Materialien hineinschauen und deren spezielle Eigenschaften studieren. Will man z.B. Materialermüdung
oder Bruchverhalten von Metallen untersuchen, so muss man Röntgenlicht mit hohem Durchdringungsvermögen, also hoher Energie wählen.
Bei kristallographischen Untersuchungen von Stählen unter Stress, die aus mehreren polykristallinen Phasen bestehen,
ist die Nutzung von weißem Röntgenlicht hoher Energie sehr vorteilhaft, wenn man gleichzeitig die örtliche Verteilung
der gestreuten Röntgenphotonen und deren Energie messen kann. So gewinnt man aus einer einzigen Messung alle relevanten
kristallographischen Parameter ohne die Probe bewegen zu müssen.
Am Synchrotron ESRF in Grenoble wurden Kupferproben, auf die große mechanische Kräfte wirkten, mit Röntgenstrahlung einer Energie bis zu 25 keV untersucht
[1]. Anhand der Beugungsbilder konnte erkannt werden, wie der Kupferkristall
seine Struktur unter Belastung ändert. Diese Experimente wurden mit den von PNSensor entwickelten
pnCCDs in Kooperation mit der Universität Siegen durchgeführt.
Will man tief in Materialien mit hoher Kernladungszahl hineinschauen, muss man die Röntgenenergie erheblich steigern
z.B. bis 150 keV [2]. In diesem Energiebereich ist die Nachweiswahrscheinlichkeit der pnCCDs
und auch anderer aus Silizium hergestellter Detektoren gering.
Eine Möglichkeit diesen Nachteil wettzumachen besteht darin, an den pnCCD einen Szintillatorkristall anzukoppeln, der die
hochenergetischen Röntgenstrahlen sehr effizient stoppt und dabei sichtbares Licht erzeugt.
Zwei Besonderheiten zeichnen diese System aus: (1) der pnCCD selbst vermisst mit hoher Genauigkeit zum einen Energie und Ort der direkt im
pnCCD konvertierten Röntgenstrahlen. Zum anderen, da er im Sichtbaren sehr empfindlich ist, misst er mit hoher Effizienz auch das im Szintillator
erzeugte Licht. (2) Der Szintillator hat eine säulenförmige Struktur,
die das erzeugte Licht ortsgetreu auf den pnCCD abbildet.
Mit höchster Nachweiswahrscheinlichkeit und Ortsgenauigkeit detektiert der Szintillator das Röntgenlicht,
während der pnCCD gleichzeitig mit geringerer Effizienz aber höchster Präzision bei
Energiemessung und Ortsmessung die Signale verarbeitet [3,4].
Abb. 1 zeigt die gleichzeitig aufgenommenen Energiespektren von einem radioaktiven 57Co Präparat
mit seinen dominanten Röntgenlinien bei 122 keV und 136 keV. In Abb. 2 sieht man die Ortsmessung
mit dem Szintillatorlicht in einer Aufnahme. Das System ermöglicht die Aufnahme von bis zu 1.000 Bildern pro Sekunde.
Weblinks:
Literatur:
- A. Abboud et al., "A new method for polychromatic X-ray µLaue diffraction on a Cu pillar
using an energy-dispersive pn-junction charge-coupled device", Rev. of Sci. Instr. 85, 113901 (2014);
DOI:10.1063/1.4900482
- S. Send et al., "Application of a pnCCD for energy-dispersive Laue diffraction with ultra-hard X-rays",
J. Appl. Cryst. (2016). 49, 222–233;
DOI:10.1107/S1600576715023997
- D. M. Schlosser et al., "Direct and indirect signal detection of 122 keV photons with a novel detector
combining a pnCCD and a CsI(Tl) scintillator",
NIM A 805 (2016), 55–62;
DOI:10.1016/j.nima.2015.08.065
- D. M. Schlosser et al., "A new spectroscopic imager for X-rays from 0.5 keV to 150 keV
combining a pnCCD and a columnar CsI(Tl) scintillator",
JINST 12 P04009 (2017);
DOI:10.1088/1748-0221/12/04/P04009
Abb. 1: Energiespektrum einer 57Co-Quelle, aufgenommen mit dem pnCCD-Szintillatorsystem.
Die schwarze Kurve zeigt die direkt im pnCCD gemessenen Signale, energetisch hoch aufgelöst,
jedoch mit geringer Effizienz. Die blaue Kurve stellt das Spektrum der Lichtsignale aus dem Szintillator dar.
Abb. 2: Aufgenommen mit einer Rate von 1.000 Bildern pro Sekunde zeigt diese Aufnahme die
ortsaufgelösten Lichtsignale des Szintillators. Die Positionsgenauigkeit beträgt etwa 30 µm,
etwa die Hälfte des Durchmessers eines menschlichen Haares. Die unteren drei Ereignisse zeigen sehr schön
die Signatur von Fluoreszenzphotonen, die während des Ionisationsprozesses erzeugt werden.